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Das SQM (Sky Quality
Meter)
ist das einzige Messgerät zur Bestimmung der Himmelsqualität und
liefert objektive Zahlen. Aussagekraft und Vergleichbarkeit der gemessenen Werte werden jedoch von
vier Faktoren beeinflusst, die der Beobachter allesamt kennen und berücksichtigen muss, wenn er fundierte
Be- wertungen der Himmels- und Standort-Bedingungen vornehmen möchte. -
Nachfolgend eine Erläuterung dieser Einflussfaktoren:
1. Die Milchstraße
Das an guten Standorten einducksvoll am Himmel schimmernde Milchstraßenband beeinträchtigt erheblich die SQM-Werte,
wenn es sich im Messkegel des Instruments befindet. Dies ist in Sommer- und Herbstnächten stets
der Fall - auch im SQM-L. "L" bedeutet lens,
also deutsch mit Linse, diese schränkt den Messkegel zwar merklich ein,
aber bei 20° Durchmesser nur auf eine
Empfindlichkeit von 50%-100%, im Bereich von 20° bis 80° Messkegel
liegt die Mess- Empfindlichkeit immer noch zwischen 50% und 1%. - d.h. der Gesamt-Messwinkel beträgt beim SQM-L
80° - auch wenn dabei die mittleren und äußeren Milchstraßen-Bereiche nur mit geringerem %-Anteil beim
angezeigten Meßwert eingehen.
Beim älteren SQM-Modell ohne Linse umfasst der Gesamt-Messbereich sogar einen 135° durchmessenden Kreis am Himmel.
Die Abweichung nach unten beträgt bei der hellen Sommermilchstraße in Mitteleuropa im SQM (ohne Linse) nach unseren
bisherigen Messungen bei 0,4 mag/arcsec2 [Magnituden je Bogensekundenquadrat], in den schwächsten Milchstraßenregionen
(z.B. Perseus) bei etwa 0,15 mag. Auch im SQM-L ist die Abweichung am Spätsommer- und Herbsthimmel bei
mindestens ca. 0,2 mag, selbst wenn man versucht (!) "außerhalb der Milchstraße zu zielen" - man
vergegenwärtige sich die große sternreiche Breite unserer Galaxis am Himmel - z.B. mit dem nachfolgenden
Foto:
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Hier ist gut zu sehen, dass selbst Wega und Sternbild Leier noch inmitten des Sternenmeeres der Milchstraße
stehen - der erfahrenen Beobachter wird dies an guten Standorten auch visuell erkennen können - und man hat in den Zeiten
der hochstehenden Sommermilchstraße selbst mit dem SQM-L keine Chance, ein mit dem abendlichen
Frühjahrshimmel vergleichbares, relativ sternarmes Himmelsareal von 80° Durchmesser (!) zu finden.
Hält man das Messgerät zu flach, misst man z.T. Bereiche unterhalb der Horizontlinie und ggfs. auch
flache Lichtglocken ferner Städte mit (die den Gesamt-Himmel am Standort kaum beeinflussen) - in beiden Fällen
wird das Messergebnis also etwas verfälscht.
Im übrigen dürften an excellenten Beobachtungsorten die hellen Sternwolken der Milchstraße selbst
(ab Cygnus südwärts)
eine zwar sehr geringe, aber im SQM meßbare Aufhellung des Gesamthimmels-Hintergrunds bewirken - man bedenke:
wir befinden uns hier im "Helligkeits"- Sektor von lediglich 21,5 bis 22 mag!
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2. Das Zodiakallicht
Wie nebenstehendes Bild beweist, ist das Zodiakallicht heller als viele Milchstraßengebiete, sein Kegel
reicht hier (Aufnahmezeitraum = Beginn der astronomischen Morgendämmerung) in einer Gesamtlänge von
~ 80° vom Osthorizont bis hinter die
Plejaden!
Im Foto gut erkennbar ist auch die Zodiakallichtbrücke bis zum Gegenschein (letzterer
ist am rechten
Bildrand mit dem opposionsnahen Jupiter zu sehen) - Aufnahme von Petr Skala am 12. Sept. 2010 beim 11. HTT
(weitere Infos beim Klick in das Bild).
Wie das Milchstraßenzentrum in südlicheren Gefilden wirft das Zodiakllicht an guten mittel- europäischen Standorten
einen diffusen Schatten und erhellt außerhalb der Astronomischen Dämmerungszeiten
merklich das Landschaftsbild [siehe z.B. →
hier] - vor allem, wenn die Ekliptik relativ steil über dem Horizont steht.
Die SQM-Messreihen von Bernhard Engeser in den Hochalpen seit 2006 sowie SQM-L-Daten aus Südbrandenburg belegen
eindeutig den Zodiakallichteinfluss. Beispielsweise wurden in 3 aufeinanderfolgenden, neumondnahen Aprilnächten
2009 noch um 0:15 Uhr CEST jeweils 0,03 mag Abweichung mit dem SQM-L und
jeweils um 0:40 Uhr CEST immer noch 0,01 mag (10 Einzelmessungen) gegenüber den nächtl. Bestwerten
ermittelt, die stets gegen 01:00 Uhr CEST (also zur astronom. Mitternacht)
erreicht wurden und danach - trotz der allmählich über dem NO-Horizont höhersteigenden Sommermilchstraße (!) -
3 Stunden konstant blieben.
Auch die Wissenschaft untersuchte bereits vor Jahrzehnten die Photometrie
des Nachthimmels unter Berücksichtigung des Zodiakallichts, siehe dazu diese interessante
→
Doktorarbeit von William Brunner.
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3. Meteorologische Einflüsse
Wolken, Staub und Dunst beeinflussen die SQM-Messungen erheblich.
Um mit dem Positiven zu beginnen: die komplette Bewölkung des Himmels klassifiziert mit dem SQM eindrucksvoll die Standort-Qualität:
in Gebieten mit größerer Lichtverschmutzung werden die Wolken hell von unten angestrahlt, die SQM-Zahlen sinken
drastisch gegenüber den klaren Nächten.
In guten Regionen dagegen ist die nächtliche Bewölkung vollkommen schwarz - viel dunkler als der klare Sternhimmel
mit Milchstraße und Airglow - die SQM- Messungen ergeben dann exorbitante Spitzenwerte, z.B. in Jeßnigk am
10. Februar 2011, um 01:02 Uhr UT: 22,90 mag/"2.
Bei teilweiser Bewölkung sind die Resultate in abgeschwächter Form analog - kompliziert wird es an guten
europäischen Standorten bei 10 - 40 km hohen Wolken (in der oberen Troposphäre bzw. Stratosphäre): diese erhalten auch
Licht von weit entfernten Groß- und Millionenstädten. Staub und Dunst können zudem eine verstärkte
Streulichtwirkung - auch des Sternlichts - erzeugen, weshalb richtig gute SQM-Werte zumeist nur in sehr klaren Nächten
gemessen werden. Allerdings gibt es hier auch z w e i A u s n a h m e n :
1. Bodennaher Nebel in Tälern und Flussniederungen: dämpft merklich das Licht
der dort befindlichen Ortschaften.
Sofern man selbst auf einem Berg steht oder sich (im Tiefland) auf einem etwas erhöhten, trockenerem
Sandbodenterrain befindet, sind Himmel und SQM-Wert dann zwar nicht gut, aber etwas besser, als sonst bei der hohen
Luftfeuchtigkeit zu erwarten wäre [vergl. z.B. →
hier].
2. Staub und Dunst in fast menschenleeren, nicht elekrifizierten Gebieten
(Sahara, Namibia...): hier brennt nachts
über hunderte km Entfernung keine einzige Straßenlampe, herrscht also nachts in sehr großen Gebieten völlige
Dunkelheit und der in Wüsten- und Halbwüstengebieten nicht seltene
Staub in der Luft kann die SQM-Werte "verbessern".
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4. Technische Einflüsse
Als erstes an dieser Stelle der wichtige Hinweis, dass stets eine kleine Serie von mindestens 3 bis 5
Einzelmessungen vorgenommen werden muss, bei der Mittelwertbildung ist dabei immer der erste (zumeist etwas zu
hohe) Wert wegzulassen.
Im weiteren ergibt sich das Problem abweichender Messergebnisse der Instrumente untereinander.
Obzwar die SQM-Instrumente alle vor der Auslieferung vom Hersteller geeicht werden, ergeben sich sich in der Praxis doch
zwischen ihnen Abweichungen von bis zu
0,2 mag - dies konnte die VdS-Fachgruppe Dark sky (welche mehrere Messinstrumente zur Ausleihe und Einsatz an
verschiedenen Orten bestellte) wie auch wir bei
→
Parallelmessungen auf dem 10. HTT feststellen. Allerdings befindet sich die Mehrzahl der
Messgeräte schon
auf einen einheitlichen Level, jeder SQM-Neubsitzer ist jedoch gut beraten, seines im Vergleich
mit anderen 'einzunivellieren', wir werden diesbezüglich auch künftig allen Interessenten auf unserem Teleskoptreffen
dazu Gelegenheit geben.
Bei unserem in Jeßngk dauermessenden SQM-LE kommt als Einflussfaktor noch hinzu, dass zeitweilig
Regenwasser oder Staub auf der kleinen Glasplatte des Meßgeräte-Schtuzgehäuses die Lichtwirkung abschwächen und somit die
Messwerte beeinflussen können.
F a z i t :
Das Sky Quality Meter (SQM) ist - unter Berücksichtigung der hier diskutierten vier Einflussfaktoren - schon ein sehr
wertvolles und letztendlich objektives Messinstrument zur Bestimmung der Himmelsqualität. Messergebnisse und
tatsächliche Himmelsqualität sollten jedoch weiter analysiert werden, daher auch unsere SQM-LE-Dauermessungen in
Parallität zur Wetterdatenerfassung in Jeßnigk. Dabei steht auf alle Fälle bereits jetzt fest, dass die vor einigen
Monaten in einer Fachzeitschrift veröffentlichte Korrekturtabelle nur ein erster unzureichender Versuch war,
denn diese berücksichtigte u.a. nicht den - sehr beträchlichen - Zodiakallichteinfluss! - Eine gute, umfangreiche
und nach wissenschaftlichen Statistikmethoden aufgebaute SQM-Datenbank betreiben übrigens seit längerem die
tschechischen Sternfreunde:
→
www.skyquality.com.
... Und ansonsten kann natürlich jeder
einzelne Sternfreund individuell entscheiden, welche Gewichtung er der Himmelsqualitätsanalyse mit dem
SQM beimisst.
Die Astronomie ist zum Glück ein sehr facettenreiches Fachgebiet...
RH.
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